Hallo Laufbegeisterte! Wenn wir von aussergewöhnlichen Läufern sprechen, die Grenzen überschreiten, dann ist Pascal definitiv einer davon. Mit Schweizer Rekorden auf 6 Stunden und 12 Stunden hat er die Laufwelt beeindruckt und international Aufsehen erregt. Doch wie kam es dazu? Eine bemerkenswerte Reise, die erst mit 36 Jahren begann und ihn zu einem Ultrarunner von Weltrang machte. Doch das ist noch nicht alles. Als Team Captain der 100km Elite-Einheit und Inspirationsquelle für viele teilt Pascal seine Einblicke in das Ultrarunning. Ein bevorstehender 24h-Lauf in Brugg steht bevor, bei dem er den National-Rekord ins Visier nimmt. Lasst uns tief eintauchen, während wir mit Pascal über seine Reise, seine Vorbereitung und seine Ratschläge sprechen. Ein exklusives Interview, das die Seele des Laufens einfängt und euch mit Leidenschaft erfüllen wird. 

 

Hallo Pascal! Wir sind begeistert von deinen herausragenden Leistungen als Ultrarunner. Du hast den Schweizer Rekord auf 6 Stunden und 12 Stunden und bist international äusserst erfolgreich. Bevor wir über deine kommende Herausforderung sprechen, könntest du uns einen Einblick in deine persönliche Lauferfahrung geben? Was hat dich dazu gebracht, dich dem Ultrarunning zu widmen?

Ich habe relativ spät (mit 36 Jahren) mit dem Laufen angefangen. Prinzipiell war ich als Jugendlicher schon sportlich, doch ich frönte ab Teenageralter andere Aktivitäten. Als Teamevent im Geschäft haben wir uns dann aber 2017 zum Fisherman's Run angemeldet und irgendwie packte mich dann der Ehrgeiz und ich fand die Freude am Laufen. Ich blieb deshalb im Training, lief das Jahr darauf meinen ersten Halbmarathon und 2019 meinen ersten Marathon - diesen gleich unter 3 Stunden. Ich merkte, dass ich nicht unbedingt viel schneller laufen, vor allem aber gerne im selben Tempo noch viel weiter laufen kann. Mir gibt das Laufen so viel mehr, es ist eine Leidenschaft, ein Lifestyle, es gibt mir Struktur und ist einfach "mehr" als einfach nur zu laufen, weshalb ich Jahr für Jahr sukzessive steigerte.

 

Du bist nicht nur als Einzelläufer beeindruckend, sondern auch als Team Captain der 100km Elite-Einheit. Wie beeinflusst diese Rolle deine eigene Laufreise und deine Verbindung zur Laufgemeinschaft?

Ultrarunning hat (gegenüber dem Marathon) in vielen Ländern praktisch keinen Stellenwert: so auch in der Schweiz, weshalb ich mich bei der Swiss Athletic gleich als Team Captain für die WM im 2022 vorgeschlagen habe. Ich möchte diese Sportart weiter fördern. In den vergangenen Jahren hat Ultralaufen neben Trailrunning stark an Popularität gewinnen können und ich möchte meinen Teil (auch als Vorbild) dazu beitragen, dass die Schweiz hier nicht nur eine Nebenrolle spielt im internationalen Vergleich. Die Community ist einzigartig und das Miteinander sehr gross.

 

Deine Leistungen sind wirklich inspirierend. Nun zu deinem bevorstehenden 24h-Lauf in Brugg: Du hast in diesem Jahr bereits bemerkenswerte Erfolge erzielt, einschliesslich des nationalen Rekords im 12h-Lauf. Was hat dich dazu motiviert, den 24h-Lauf National-Rekord ins Visier zu nehmen?

Ich habe im 2021 den 6h Schweizer Rekord und 2022 den 12h Schweizer Rekord geknackt und dieses Jahr nochmals verbessert. Für mich ist es eine logischer weiterer Schritt, die 24h Marke zu avisieren. Passende Läufe für Rekordzeiten zu finden ist nicht ganz einfach, mein Interesse liegt nach wie vor auch auf der 100 Km Bestmarke, doch einen perfekten Termin mit passendem Terrain (flach) gab es dieses Jahr nicht. Solche Events fordern läuferisch sehr viel, vor allem laugt so ein langer Lauf extrem aus und erfordert mental extrem viel - da gibt es nicht so viel Spielraum, dass man da x-fach im Jahr starten kann.

In Brugg habe ich perfekte Bedingungen. Ein flacher Rundkurs, saisonal gut gelegen und ich wohne 6km entfernt. Es ist sozusagen meine Homebase, wo ich alle Jahr wieder gerne zurückkehre. Dazu mit Fredi Büchler ein Organisator, welcher eine riesige Leidenschaft zum Ausdauersport hat und viel Enthusiasmus in den Lauf steckt. Auch wenn ich international tolle Läufe absolviere, für mich ist es immer wieder schön, auch als Lokalmatador hier aufzutreten.

 

Die Vorbereitung auf einen 24h-Lauf ist zweifellos anspruchsvoll. Könntest du uns einen Einblick in deine Trainingsroutine und mentale Vorbereitung für einen solchen Langstreckenlauf geben?

Als Ausdauersportler plant man langfristig. Meine Planung für das ganze Jahr habe ich bereits Ende 2022 abgeschlossen und dann periodisiert aufgebaut. Vom Februar bis Mai habe ich explizit 4 Monate auf die 12h Bestmarke trainiert, welche ich in Slowenien auf über 100 Meilen (161,25km) setzen konnte, danach galt es 3 Wochen zu entlasten mit etwas weniger Wochenkilometer, dabei Psyche und Körper drucklos zu erholen und im Juli begann mein zweiter grosse Jahresblock über 3 Monate, welcher dann mit dem Wettkampf in Brugg endet.

Bei Stundenläufen bringt dich alleine der Kopf über die Zeit. Positive Gedanken, Vorstellungen, wie es sich dann am Ende anfühlt ist hilfreich. Du musst immer konzentriert und fokussiert bleiben, egal wie sehr sich dein Körper bei dir meldet - du musst im Kopf die Kontrolle behalten. Aufgeben ist immer so viel einfacher (und zumindest für den Moment schöner). Ich trainiere deshalb einerseits schon in der Vorbereitung grosse Umfänge. Ich mache gerne Doppelblöcke, wo ich morgens und nachmittags einen Marathon laufe - das Ziel ist nicht nur 80km abzuspulen, vielmehr trainiere ich damit, meinen Körper trotz Vorermüdung nochmals zu pushen.

Ich trainiere immer nach dem gleichen Muster, Struktur ist das A und O in der Vorbereitung. Jedes Training hat einen Sinn: Entweder für die Muskeln, das kardiovaskuläre System oder mental. Letzteres geht mit Doppel Blöcken, Vorermüdung oder einfach erklärt immer dann, wenn wir die Komfortzone verlassen müssen. In der Vorbereitung habe ich dann alle Variablen durch und muss "nur" noch die Aufgaben lösen, welche während dem Wettkampf selber entstehen - und hier ist dann Spontanität und Pragmatismus gefragt . Eine gewisse Erfahrung hilft hierbei.

 

Der 24h-Lauf erfordert Ausdauer, sowohl körperlich als auch mental. Wie gehst du mit den Herausforderungen während des Rennens um, besonders wenn es in die späteren Stunden geht?

Du musst immer Herr über die Lage bleiben, beim 6h Lauf ist die Stunde 4-5 am härtesten, beim 12h Lauf ist es 7-11. D.h. Unser Körper will immer dann nicht mehr, wenn die Hälfte schon mal durch ist. Pragmatisch gesehen spielt hier also nur die Psyche mit dir und diese gilt es fokussiert im Griff zu halten. Stundenläufe sind oftmals monoton im Kreis (1-2km Runde) - das klingt stumpfsinnig, ist aber fantastisch, da sich der Kopf nicht auf den Weg konzentrieren muss und die Verpflegung gewährleistet ist.

Mich motivieren bei solchen Läufen andere Läufer:innen extrem, denn egal welche Pace und welches Ziel die Person hat - sie versucht das Beste aus sich herauszuholen. Man spornt sich gegenseitig an, man feiert sich gegenseitig. Es ist auch schön, Runde für Runde die Supporter zu sehen, die mir helfen und ein wichtiges Puzzle-Teil im Team sind. Zudem nimmst du in deiner Läufer-Bubble gewisse Details ganz intensiv auf und erfreust dich an Kleinigkeiten - Wasser trinken oder sich sonst zu verpflegen kann zum Highlight werden. Zwischendurch einmal tolle Musik am Streckenrand oder etwas, was man in der Natur entdeckt.

Extrinsisch hilft aber nur bedingt. Der innere Antrieb muss da sein: Ich laufe, weil ich es will. Ich rede mir zu, weshalb ich das tue und finde den Frieden in mir selbst. Beim Ultra Laufen hast du die Chance dich mit dir und dem Why zu beschäftigen. Du kannst so tief in dich hinein tauchen und dich fühlen, wie nirgendwo sonst. Körperlich und seelisch befindest du dich auf einer wundervollen Reise und du hast die Chance, dich zu reflektieren, zu verarbeiten, zu erleben und wahrzunehmen.

 

Deine Erfahrung und Expertise sind wertvoll. Was rätst du anderen Läufern, die sich auf den Weg ins Ultrarunning begeben oder ihre Laufleistung verbessern möchten?

Laufe nie gegen andere - du tust es für dich alleine. Laufe nie gegen dich, sondern immer mit dir. Setze dir Ziele und verfolge diese konsequent. Sei konsistent im Training und suche dir keine Ausreden. Du willst weiterkommen, dann tu etwas dafür und sei bereit auch etwas dafür zu tun.

Um die Laufleistung zu verbessern sind dieselben Punkte anwendbar, die auch für Marathon gelten: Lerne langsam zu laufen, damit du schneller wirst, erhöhe zuerst die Anzahl Läufe, dann Distanz, und dann Geschwindigkeit.

Für die Ultras gilt noch folgendes: Trainiere mit Leidenschaft und Herz und höre gut auf deinen Körper, er wird dir zurückgeben, was du von ihm forderst. Und höre nicht auf andere - Ultralaufen ist verrückt. Es ist egal, was andere von dir denken - du bist niemanden etwas schuldig und tust es für dich alleine.

 

Abschliessend: Welche Botschaft möchtest du der Laufgemeinschaft vermitteln, die deine Reise verfolgt und von deinen Erfolgen inspiriert wird?

Ich habe im Interview schon ganz viele Punkte gegeben, weshalb Ultralaufen versucht werden sollte. Visuell nehme ich die Gemeinschaft auf meinem Instagram-Account noch auf meine Reise mit. Lasse dort Eindrücke aufbereiten und dort kann man neben meinen Trainings auch Tipps und Informationen sammeln und wir berichten live vom Schweizer-Rekord-Versuch.

Und dann gilt es, dieses Erlebnis selbst zu versuchen oder live dabei zu sein. Am Samstag, 16.09.2023 startet zur Mittagszeit um 12 Uhr meine Rekordjagd und ich werde dann am Sonntag zur Mittagszeit fertig sein - egal was zwischendurch passiert.

Wenn dich das "glustig" macht, darfst du gerne auf der gedeckten Tribüne Platz nehmen oder am Streckenrand anfeuern und wer das Ultra-Fieber gerne spüren möchte, der darf sich einmal auf eine Ultradistanz wagen - wir verlosen exklusiv für die Leser ein Startplatz für den 6h Stundenlauf am 17.09.2023 um 06.00 Uhr Morgens, so als Einstieg ins Ultrarunning. Alle Infos dazu gibt es hier.